Abschrift der
Mitteilungen
des
Familienverbandes
"Meyer zum Vorwalde" (e.V.)
Nr. 4 November1935

I. Merkwort.
Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Der froh von ihren Taten, ihrer Größe
Den Hörer unterhält, und still sich freuend
An's Ende dieser schönen Reihe sich
Geschlossen sieht!
(Goethe, Iphigenie auf Tauris I, 3.)

II. Nachruf.

Am 28. Juli 1935 ist der Begründer und Vorsitzende unseres Familienverbandes,

Medizinalrat Dr. med. Karl Meyer,

nach schwerem Leiden im Alter von 78 Jahren sanft entschlafen.
Vor zehn Jahren faßte der Entschlafene den Plan, die verschiednene Linien, Aeste und Zweige unserer Gesamtfamilie zu einem Verband zusammenzuschließen, und führte diesen Gedanken trotz seines bereits vorgerückten Alters mit unbeirrbarer Willenskraft durch.Durch seine uneigennützige Hingabe an die Gesamtfamilie, seinen trotz mancher Enttäuschungen unzerstörbaren Glauben an den Wer und die Lebensfähigkeit seines Gedankens, durch sein sonniges und liebenswürdiges Wesen gelang es ihm mit der Zeit immer mehr, den Verband mit seinem Geiste zu erfüllen und die Tagungen zu schönen Feiern der Gesamtfamilie auszugestalten. Obwohl er bereits seit Jahren durch ein Herzleiden körperlich vielfach gehemmt war, ließ er es sich nicht nehmen, auch die diesjährige Tagung mit gewohnter geistiger Frische zu leiten. Es sollte für ihn die letzte sein, denn schon am Tage darauf fühlte er sich unwohl, zu dem alten Leiden trat eine Erkrankung der Blase hinzu, und diesem doppelten Angriff waren seine Kräfte nicht mehr gewachsen. Am 1. August ist er in Gersfeld (Rhön) an der Seite seiner ersten Frau beigesetzt worden; der Schriftführer legte einen Kranz als letzten Gruß des Verbandes am Grabe nieder. Sein Andenken bleibt allen denen, die ihn von den Tagungen des Familienverbandes her und im persönlichen Verkehr gekannt haben, unvergeßlich und in hohen Ehren; unsere Aufgabe aber ist es, den Verband, dessen Seele der Entschlafene war, in seinem Geiste und in lebendiger Erinnerung an seine Persönlichkeit hochzuhalten und mit allen Kräften zu fördern.

Der Vorstand des Familienverbandes:
W. Meyer zum Vorwalde,                     L. Meyer,
          Schriftführer.                              Kassenwart.

 

III. Bericht über den siebenten Familientag.
(Erstattet vom Schriftführer)

Die siebente Tagung des Familienverbandes fand am 2. Juni 1935 in Osnabrück in den Räumen des Großen Klubs statt. In größerer Zahl (etwa 45) als sonst waren die Mitglieder der Gesamtfamilie zum Teil aus der Ferne herbeigeeilt, galt es doch, zugleich auch das zehnjährige Bestehen des Verbandes zu feiern; vor allem hatte der Vorstand die Freude, mehrer Mitglieder, die bisher an den Tagungen noch nicht teilgenommen hatten, zu gebrüßen und als Mitglieder des Verbandes aufzunehmen. Nach herzlichen Begrüßungsworten gab der Vorsitzende einen umfassenden Ueberblick über die Entstehung und die Fortentwicklung des Verbandes seit seiner Gründung; der Kassenwart berichtete über die überaus günstigen Kassenverhältnisse des Verbandes; die Rechnung wurde geprüft und dem Kassenwart Entlastung erteilt. Der Schriftführer sprach zunächst über die Sippe in altdeutscher Zeit (s. V.) und gab dann die seit dem Erscheinen der dritten Nummer der Mitteilungen in der Gesamtfamilie eingetretenen Veränderungen bekannt; das Gedächnis der seit der letzten Tagung verstorbenen Mitglieder wurde in üblicher Weise durch Erheben von den Sitzen geehrt. Der satzungsgemä:ß ausscheidende Kassenwart wurde einstimmig wiedergewählt. Zum Schluß bat der Vorsitzende alle Mitglieder, bei der nächsten Tagung möglichst vollzählig zu erscheinen und dann auf die Wahl eines neuen Vorsitzenden bedacht zu sein, da er sich körperlich nicht mehr rüstig genug fühle. Mochten diese Worte manchen Hörer ernst stimmen, obwohl noch niemand ahnte, wie bald unser Vorsitzender für immer von uns gehen würde, so trat doch nach dem Schluß des offiziellen Teils durchaus der Frohsinn in sein Recht, und in reger Unterhaltung blieben die Mitglieder der Gesamtfamilie bei Kaffee und Kuchen und z. T. auch beim gemeinsamen Abendessen zusammen, wobei auch photographische Aufnahmen gemacht (Gibt es die Fotos noch?), Erinnerungen ausgetauscht und neue Bekanntschaften geschlossen wurden. So hat der siebente Familientag dem bei der Einladung ausgesprochenen Wunsch unseres entschlafenen Vorsitzenden, dem Gedanken der Familien- und Sippengemeinschaft zu dienen, durchaus entsprochen.

 

IV.
Bericht über Veränderungen und wichtige Ereignisse
in der Gesamtfamilie seit dem 13. Dezember 1933
bis zum 22. November 1935.
(Erstattet vom Schriftführer.)

(Stfg. bedeutet Stammfolge und bezieht sich auf das Buch
"Stammfolge der Gesamtfamilie Meyer zum Vorwalde"
von W. Meyer zum Vorwalde, erschienen 1927
beim Verlag C. A. Starke, Verlag für Sippenforschung
und Wappenkunde, Görlitz O.-L.)

1. Verlobungen.

  1. Lieselotte Röttgering in Walsrode, Enkelin von Frau Elise Wrampelmeyer geb. Burlage (Stfg. S. 17), mit Studienreferendar Hans Georg Uhde in Berlin.
  2. Mieze Meyer in Osterholz-Scharmbeck (Stfg. S. 55) mit Forstassessor Dr.-Ing. Johannes Baseler, ebenda.
  3. Ilsa Staender in Hamburg (Stfg. S. 56) mit GRoßkaufmann Günther Lehnert in Sao. Paulo, Brasilien.
  4. Gisela Pohlmann in Hannover (Stfg. S. 69) mit Dr. phil. Wenrer Conze in Königsberg-Rothenstein (Ostpr.).

2. Vermählungen.
  1. Helene v. Bentheim in Nordhorn, Enkelin von Frau Hermine v. d. Brelie in Lingen (Stfg. S. 17), am 25. Mai 1934 mit Lehrer Johannes Wollenbrink in Lingen.
  2. Kaufmann Walter Gildemeister in Cincinnati, Ohio, U.S.A. (Stfg. S. 18.), am 29. November 1934 mit Marie Marten aus Hitzhausen bei Ostercappeln.
  3. Landwirt Heinrich Ostendorf gen. Mönning in Herringhausen bei Ostercappeln (Stfg. S. 27), am 9. Mai 1933 mit Frieda Detert-Kruse in Fladderlohausen bei Damme (Oldenburg), seitdem daselbst wohnhaft.
  4. Marie Hellbaum gen. Hockmann, in Niewedde (Stfg. S. 49), am 1. März 1935 mit Markkötter Friedrich Schnieder in Welplage, Kirchspiel Hunteburg.
  5. Diplom-Ingenieur Hans Meister in Doebeln (Sachsen), Urenkel von Frau Henriette Meyer zu Essen, geb. Meyer zu Bohmte (Stfg. S. 53), am 24. August 1935 mit Friedel Heyne in Arnswalde (Neumark).
  6. Frau Elisabeth Mohrmann geb. Behrmann in Clausthal-Zellerfeld, Urenkelin von Frau Marie Hagemann geb. Meyer zu Bohmte (Stfg. S. 53), am 24. September 1934 mit Rechtsanwalt Dr. Victor Sommer in Hamburg.
  7. Lieselotte Buff in Osnabrück, Enkelin von Frau Hedwig Isermeyer geb. Meyer zu Bohmte (Stfg. S. 54), am 14. Juni 1935 mit Kinderarzt Dr. Adolf Künsemüller in Osnabrück.
  8. Schwester Hildegard Meyer in Berlin (Stfg. S. 56), am 6. März 1934 mit Kaufmann Witwer Ernst Geisweidt, ebenda.
  9. Hofbesitzer Hugo Stüve in Broxten, Urenkel von Jakob Christian Meyer zum Vorwalde, Col. Düsterberg (Stfg. S. 60), am 6. September 1934 mit Lina Menke in Westerhausen bei Melle.
  10. Kaumann Wilhelm Sieck in Bremen, Enkel von Frau Hermine Sieck, geb. Meyer auf Wahlburg (Stfg. S. 62), am 23. Juli 1935 mit Aenne Langöse in Hitzendeorf bei Verden (Aller).

3. Geburten.
  1. Dem Landwirt Herbert Schulte in Hördinghausen, Kirchspiel Lintorf (Stfg. S. 20), und Frau, geb. Burlage, am 12. März 1934 eine Tochter, Martha.
  2. Dem Anerben Heinrich Knippenberg in Dahlinghausen, Kirchspiel Lintorf (Stfg. S. 37), und Frau, geb. Petering, am 8. April 1934 eine Tochter, Clara.
  3. Dem Markkötter Ernst Thörner in Schwagstorf, Kirchspiel Arenshorst, und Frau, geb. Hellbaum (Stfg. S. 44), am 28. November 1934 ein Sohn, Wilfried.
  4. Dem Markkötter Heinrich Hellbaum, ebenda (Stfg. S. 44), und Frau, geb. Wolter, am 28. August 1934 eine Tochter, Gisela.
  5. Dem Pächter Wilhelm Schomborg in Icker, Kirchspiel Belm, und Frau Hermine, geb. Hellbaum (Stfg. S. 45), am 12. März 1934 eine Tochter, Henny.
  6. Dem Zeichner Karl Hubert Hagemann in Berlin, Enkel von Frau Marie Hagemann, geb. Meyer zu Bohmte (Stfg. S. 53), und Frau, geb. Göritz, am 14. Oktober 1934 eine Tochter, Uta.
  7. Dem Diplom-Ingenieur Ruprecht May in Chemnitz und Frau Hildegard, geb. Buff, Enkelin von Frau Hedwig Isermeyer, geb. Meyer zu Bohmte (Stfg. S. 54), am 18. Oktober 1935 eine Tochter, Elke.
  8. Dem Dr. phil. Gerhard Ricker in Stuttgart und Frau Elsabeth, geb. Buff, Schwester der Erstgenannten, am 23. November 1934 ein Sohn, Thomas.
  9. Dem Kaufmann Ernst Geisweidt in Berlin und Frau, geb. Meyer (Stfg. S. 56), am 14. April 1934 ein Sohn, Dieter.
  10. Dem Hofbesitzer Hugo Stüve in Broxten, Ururenkel von Jakob Christian Meyer zum Vorwalde, Colon Düsterberg (Stfg. S. 60), am 19. September 1935 ein Sohn, Jürgen.
  11. Dem Landwirt Walter Zur Mühlen, geb. Meyer zu Broxten, Urenkel von Frau Engel Tölkhaus geb. Meyer zum Vorwalde (Stfg. S. 61), in Engter, und Frau, geb. Zur Mühlen, am 23. April 1935 eine Tochter, Gisela.
  12. Dem Hofbesitzer Herbert Meyer zu Broxten, Bruder des Erstgenannten, in Broxten und Frau, geb. Zur Mühlen, am 18. Mai 1934 eine Tochter, Hanna.
  13. Dem Kaufmann Friedrich Gallmeyer in Nienburg-Holtorf und Frau Alma, geb. Möhlmeyer, Urenkelin von Frau Wilhelmine Meyer zu Bohmte, geb. Meyer zum Vorwalde (Stfg. S. 61), am 7. September 1934 eine Tochter, Helga.
  14. Dem Landwirt Hugo Thöhle in Vorwalde und Frau Ella, geb. Möhlmeyer, Schwester der Erstgenannten, am 1. Februar 1934 eine Tochter, Hildegard.
  15. Dem Oberförster Ernst Munzel in Steinau (Kurhessen) und Frau, geb. Haasemann, Urenkelin von FRau Emilie Eckelmann, geb. Meyer auf Wahlburg (Stfg. S. 62), am 11. Mai 1934 ein Sohn, Ernst.
  16. Dem Diplom-Landwirt Dr. Rudolf Buddenböhmer in Lingen (Ems) und Frau Hermine, geb. Tölkhaus (Stfg. S. 69), am 11. März 1935 eine Tochter, Hildegund (kath.).

4. Todesfälle.
  1. Am 2. August 1935 starb die Haustochter Elisabeth Stuckwisch in Niewedde, Urururenkelin von Frau Anna Margarethe Stuckwisch, geb. Meyer zum Vorwalde (Stfg. S. 11), fast 20 Jahre alt.
  2. Am 29. März 1935 starb der Hofbesitzer Gerhard Zu Broxten, wohnhaft in Vorwalde (Stfg. S. 15), 53 1/2 Jahre alt.
  3. Am 13. Dezember 1933 starb der Schlossermeister Georg v. d. Brelie in Lingen (Stfg. S. 17/18), fast 84 Jahre alt.
  4. Am 13. März 1935 starb die Witwe Anna Burlage, geb. Stock, in Niewedde (Stfg. S. 18), 73 1/3 Jahre alt.
  5. Am 13. Juli 1934 starb der Kaufmann Ernst Zimmermann in Stettin (Stfg. S. 19), 22 Jahre alt.
  6. Am 28. Januar 1934 starb die Ehefrau Sophie Probst, geb. Meyer zu Uptrup in Darum, Kirchspiel Belm (Stfg. S. 21), 71 Jahre 1 Monat alt.
  7. Am 7. Mai 1935 starb die Ehefrau Marie Tiemann, geb. Sieker, in Dahlinghausen, Kirchspiel Lintorf (Stfg. S. 36), fast 59 Jahre alt.
  8. Am 21. Juni 1935 starb der Winnkötter Heinrich Hellbaum, gen. Hockmann, in Niewedde (Stfg. S. 49), 67 1/4 Jahre alt.
  9. Am 3. Januar 1934 starb der Geheime Baurat Carl Hagemann in Berlin (Stfg. S. 53), 79 2/3 Jahre alt.
  10. Am 28. Juli 1935 starb der Kreisarzt i. R. Medizinalrat Dr. Karl Meyer in Remscheid-Lennep (Stfg. S. 56), 78 Jahre, 20 Tage alt.
  11. Am 14. Juli 1935 starb die Witwe Sophie Stüve in Broxten (Stfg. S. 60), 77 2/3 Jahre alt.
  12. Am 17. März 1935 starb der Lehrer Fritz Stagge in Engter, Engel von Frau Wilhelmine Loxtermann, geb. Osthaar (Stfg. S. 66), 56 Jahre alt.
  13. Am 20. Juli 1934 starb der Lehrer Heinrich Stagge, ebenfalls in Engter, Bruder des Erstgenannten, 39 Jahre alt.

5. Familienfeiern.
  1. Ihren 80. Geburtstag feierten: am 10. April 1935 die Witwe Margarethe Düsterberg, geb. Butke, in Langen, Kirchspiel Badbergen (Stfg. S. 28), und am 20. März 1934 der Markkötter Heinrich Pelster in Dahlinghausen (Stfg. S. 32).
  2. Das Fest der Goldenen Hochzeit beging am 4. August 1935 das Ehepaar Großkaufmann Felix Meyer (Stfg. S. 56) und Frau Roma, geb. Glathe, in Altona-Blankenese.

6. Sonstige Veränderungen.
  1. Der Kassenwart des Familienverbandes, Bankdirektor i. R. Ludwig Meyer (Stfg. S. 55), wohnt jetzt in Hannover-Herrenhausen, Palmstraße 9, I (R. Arnz).
  2. Die Ehe von Dr. med. Adolf Behrmann jun. in Clausthal-Zellerfeld (vgl. Mitteilungen Nr. 2, II, 2, 6) mit Dr. med. Margot Framhein ist im Jahre 1935 geschieden worden.
  3. Die Ehe von Margarethe Meyer (Stfg. S. 57) mit August Timm ist im Jahre 1932 geschieden worden.
  4. Gerd Tölkhaus (Stfg. S. 69) hat am 28. Juni 1935 die juristische Referendarprüfung und am 23. Oktober 1935 die juristische Doktorprüfung gestanden.

 

V. Die Sippe in altdeutscher Zeit.
(Vom Schriftführer.)
In der altdeutschen Zeit gehörte jeder Mensch einem Geschlechtsverband an; dieser bestand aus den Angehörigen mehrerer Hausgemeinschaften, die ihre Abstammung in männlicher Linie auf denselben Stammvater zurückführten. Das Geschlecht heißt Sippe, althochdeutsch sippa, das Wort hat die Nebenbedeutung: Friede, Freundschaft. Die männlichen Verwandten des Namensträgers, soweit sie nur durch Männer mit ihm verwandt sind, werden als Schwertmagen, alle Verwandten weiblichen Geschlechtes und die von solchen abstammenden Männer als Spindel- oder Kinkelmagen bezeichnet. Die Gesamtheit der Schwertmagen, d. h. der von einem Stammvater im Mannesstamm abstammenden Männer, bildete den Sippenverband. Ein solcher Verband hatte im Wirtschaftsleben, im Heerwesen und im Recht weitgehende Bedeutung. In der ältesten Zeit, wo es noch kein Sondereigentum an Grund und Boden gab, war das Geschlecht eine landwirtschafltiche Genossenschaft, der von der Markgenossenschaft ein Stück Land zur gemeinsamen Bewirtschaftung überlassen wurde. Im Kriege kämpften die Sippengenossen zusammen, da die Heere aus Verwandtschaften und Familien zusammengesetzt waren. Die Sippe verbürgte dem einzelnen Sippengenossen den Frieden, indem sie die an ihm begangenen Rechtsverletzungen rächte und das angegriffene Mitglied verteidigte. Im Fall der Tötung eines Mitgliedes war die gesamte Sippe verpflichtet, Vergeltung zu üben, an deren Stelle auch die Zahlung eines Sühnegeldes treten konnte. Die Schwertmagen mußten dem beklagten Sippengenossen vor Gericht als Eideshelfer zur Seite stehen, d. h. die Wahrheit des von ihm abgelegten Eides beschwören. Die Vormundschaft über einen minderjährigen Sippengenossen, sowie über die Jungfrauen und Witwen stand dem nächsten Schwertmagen zu, bei Witwen also dem Sohne oder dem Bruder des Mannes. Mit der Zeit wurden auch die Spindelmagen mehr berücksichtigt und schließlich gleichgestellt. In der ältesten Zeit waren Verwandtenehen durchaus erlaubt, die Kirche setzte aber allmählich das Verbot der Ehe zwischen Geschwister-Kindern, seit dem 6. Jahrhundert zwischen Geschwister-Enkeln und seit dem 8. Jahrhundert zwischen Verwandten überhaupt durch. In der Familie hatte der Familienvater die unbedingte Herrschaft = Munt über seine Familie, auch die Vormundschaft übte er in der ältesten Zeit in seinem Interesse und nicht in dem des Schützlings aus. Beim Abschluß eines Verlöbnisses gab die Gesamtheit der anwesenden Magen wohl nur der Form nach ihre Zustimmung, unter Umständen wirkte sie bei der Festsetzung des Kaufpreises mit.
Die Eheschließung war ein Vertrag zwischen dem Muntwalt der Braut, also zunächst dem Vater, dann dem Bruder, und dem Freier; allmählich kam auch die Zustimmung der Braut auf. Die Erbschaft bestand anfangs nur in der fahrenden Habe, erst später auch in Grund und Boden; doch behaupteten hier lange Zeit die Söhne ein ausschließendes Erbrecht gegenüber den Töchtern. Dies gilt besonders auch von dem im nordischen Recht häufig genannten Odal, d. h. von dem vom Staat an verdiente Personen verliehenen Staatsgut. Mit der Zeit übernahm der Staat die Aufgaben der Sippe, und die zunehmende Bedeutung der Einzelpersönlichkeit verminderte auch ihrerseits die Bedeutung der Sippe; ja das Sippenbewußtsein verschwand mit der Zeit, bis es, wie die seit dem Weltkriege eingetretene Zunahme der Familienverbände zeigt, in unserer Zeit neu erwacht ist.
(Nach Brunner, Frhrr. v. Schwerin u. a.)

 

VI. Urkunden.
Mitgeteilt vom Schriftführer.
  1. Wie der Meierhof zu Vorwalde an unseren ältesten Vorfahren im Mannesstamm kam. (ein Winnbrief von 1575.)
Wir, Johann Schmiesinck, Domdekan der Kirche zu Osnabrück, und ein Procurator des Besitzers der Vicarie der 10000 Märtyrer in der Domkirche zu Osnabrück etc., bekennen mittels dieses versiegelten Briefes für mich, den vorhergenannten Besitzer und seine Nachkömmlinge an derselben Vicarie, daß ich dem gegenwärtigen, mit Kraft dieses Briefes hierhin beschiedenen Arnt Holtkamp und Tebe Vorwaldt, seiner ehelichen Hausfrau, den Hof zum Vorwalde in Winn getan habe, auf ihrer beider Lebenszeit, derweilen sie beide oder ihrer einer leibt und legt, den vorhergenannten Hof zu bebauen und zu säen, ihn mit Zimmerholz, Wald, altem und neuem Zubehör und Gerechtigkeit unterzuhaben und zu besitzen und zu gebrauchen, auch ihn in Gebäuden, Einfriedungen und Zäunen in Stand und Würde zu erhalten für die gewohnte jährliche Pachtschuld, nämlich zwölf Malter Roggen, fünf Malter Hafer und dreißig Schillinge Osnabrücker Maß und Pfennige, so wie zur Zeit die Zahlung in Osnabrück gang und gäbe ist, es zwischen Michaelis und Martini gutwillig zu leisten und in Osnabrück zu bezahlen ohne irgendeinen längeren Verzug; ferner, falls von den Vorhergenannten, Arnt und Tebe, einer nach dem Willen Gottes verstirbt, so sollen sie von mir, oder wer zur Zeit ein Besitzer der Vicarie der zehn tausen Märtyrer ist, nach Hausgenossenrecht beerbt werden, gleichwie es ihrem Vorvater und Mutter geschehen ist, vorbehaltlich des ausgeschiedenen Hergeweddes und Gerade; ebenfalls, wenn die vorhergenannten Eheleute mir oder dem Besitzer der vorhergenannten Vicarie die jährliche Pacht, Rente und Schuld schuldig bleiben und jährlich mit Absicht nicht bezahlen, und so in das dritte Jahr hinein (die Pacht) schuldig geworden sind, sollen die beiden Eheleute des Hofes und Winnes verlustig sein und bleiben; ebenfalls sollen sie auch keine fruchtbaren Bäme fällen und fällen lassen, auch keine Eichbäume, es sei denn mit meinem oder des Besitzers der vielgenannten Vicarie gutem Wissen und Willen, es sei denn zum Einzäunen und des Erbes Vorteil; auch sollen die beiden Eheleute, wenn sie alt und krank werden sollten, mit Zustimmung und Einwilligung ihres Gutsherrn, meiner oder des Besitzers, die Leibzucht annehmen und den von den beiden Eheleuten geborenen Kindern den Hof überlassen und (diese) erst die gebührende Auffahrt davon geben, (und zwar) alles Vorgeschriebene ohne Arglist. Hier waren mit anwesend die würdigen und achtbaren Herren Christopher Mispinck, Dechant zu Quakenbrück, Pastor Gerhardt Holtkamp, Victor Warnekinck, Vicar im Dom, und Hermann Rottmann; zu mehrerer Befestigung und Beglaubigung der Wahrheit haben wir, Johann Schmiesinck, obengenannter Domdekan, unser angeborenes Siegel hierunter angehängt. Im Jahre 1575 nach Christi Geburt, am Tage des Märtyrers GEorg (23. April).
(Beglaubigte Abschrift aus dem 18. Jahrhundert im Staatsarchiv zu Osnabrück, aus dem Mittelniederdeutschen übersetzt vom Schriftführer.)
  1. Umfang und Verpflichtung des Vollerbenhofes Tiemann in Dahlinghausen um 1720
    (nach dem Praestationsregister aus dieser Zeit, im Staatsarchiv zu Osnabrück, Abschnitt 92).
Tiemann gehört an Scheele zur Hunteburg eigen, gibt monatlich vollen Anschlag 2 Thaler, 10 Schilling, 6 Pfennig, ansonsten jährlich: 1 Malter, 6 Scheffel Roggen, 1 Malter, 6 Scheffel Hafer, auch 2 Hühner, tut Gografendienst und gibt 1 Scheffel Gografengerste, dem Pastor 1 Scheffel Roggen, dem Küster 1 Scheffel Gerste und 1 Bund Flachs; 6 Pfennig Bauernrente. Seine Ländereien betragen: 1. Gartenland: 116 Quadratruten; 2. Saatland: a) gut: 1874 Quadratruten, b) mittel: 340 Quadratruten, 3. Wiesenland, gut 244 Quadratruten. Im ganzen: 3 Maltersaat, 11 Scheffelsaat, 36 Quadratruten.
  1. Umfang und Verpflichtungen des Vollerbenhofes Osthaar in Haaren um 1720
    (nach demselben Register).
Osthaar gehört leibeigen an das Haus Kuhof bei Ostercappeln, gibt Monatsschatz 3 Th., ordentl. Rauchschatz 2 Th., von der Leibzucht 15 Schillinge, 9 Pfennige, einen Tag Gografendienst, an den Gutsherrn zur Pacht: 3 Maltersaat Roggen, 2 Maltersaat Hafer, 2 Thaler Pachtgeld, einen wöchentlichen Spanndienst, jährlich 9 Handdienste, auch jährlich 1 Schwein und 2 Hühner; an den Pastor 20 Garben, 1 Brot, 1 Mettwurst; an den Küster: 20 Garben, 1 Brot, 1 Mettwurst, 8 Eier. Seine Ländereien betragen: 1. Gartenland: 3 Scheffelsaat, 32 Quadratruten, 2. Ackerland: a) mittel: 1 Maltersaat, 2 Sch., 17 Quadratruten, b) schlecht: 9 Maltersaat, 5 Sch., 34 Quadratruten, 3. Wiesenland, schlecht: 1 Maltersaat, 2 Sch., 2 Quadratruten, 4. Holz: 5 Sch., 17 Quadratruten; im ganzen 12 Maltersaat, 6 Sch., 48 Quadratruten.
(1 Scheffelsaat = 1/12 Maltersaat = 54 Quadratruten = 11,795 ar;
1 Thaler = 24 Schillinge zu je 12 Pfennigen.)

 

VII. Sonstiges.
Die nächste Tagung findet voraussichtlich im Jahre 1837 in Bad Essen statt; ihre Hauptaufgabe ist die Neuwahl eines Vorsitzenden. - Dies Blatt ist herausgegeben im Auftrage des Vorstandes vom Schriftführer, W. Meyer zum Vorwalde, Hannover, Türkstraße 1, I. An ihn sind alle Mitteilungen und Beitrittserklärungen zu richten und von ihm weitere Exemplare des Mitteilungsblatts á 0,35 RM. und der Stammfolge zu beziehen.

Culemannsche Buchdruckerei, Hannover
 

 

Siehe dazu auch:
Bericht zur 1. Familientagung
Einladung zur 2. Familientagung
Bericht zur 2. Familientagung
Einladung zur 3. Familientagung
Bericht zur 3. Familientagung
Mitteilungen des Familienverbandes Ausgabe Nr. 1
Mitteilungen des Familienverbandes Ausgabe Nr. 2
Mitteilungen des Familienverbandes Ausgabe Nr. 3
Mitteilungen des Familienverbandes Ausgabe Nr. 5
Mitteilungen des Familienverbandes Ausgabe Nr. 6

 

 

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